Active X in der Mensch Maschine
Kommunikation
10.01.00 - in IEE, Hüthig- Verlag,
Ausgabe 12/99
ActiveX vs. WinCC Standard
In vielen Bereichen der Industrieautomation
halten offene Kommunikationswege Einzug in die Praxis der Projektarbeit.
Techniken und Standards, wie ActiveX, OPC und TCP/ IP bringen
neue Möglichkeiten, die für versierte Anwender viele
Vorteile bringen. Das Visualisierungssystem WinCC der Firma Siemens
bietet die Möglichkeit, neben anderen offenen Kommunikationsstandards,
ActiveX- Objekte in die Bildschirmoberflächen einzubetten.
Für die Visualisierung einer grossen Chemieanlage in Emmerich
mit insgesamt über 140000 Variablen sollte dieser neue Weg
in der Dynamisierung der Bedienoberflächen gegangen werden.
Aufgabenstellung war, die bestehenden Teleperm
M Anlagen um einige PCS7 Stationen zu erweitern und alle Anlagenteile
einheitlich auf WinCC darzustellen. Die Bedienung und die Oberflächen
der Teleperm und der PCS7 Anlagen sollten identisch gestaltet
werden, gewachsene Funktionsstandards mussten übernommen
werden und komplexe Funktionen, wie z.B. Trenddarstellung der
Analogwerte, sollten realisiert werden.
Standard
Nach einigen negativen Erfahrungen mit
WinCC als Visualisierungssystem für Teleperm M mussten wir
nach einem neuen Weg suchen, um die Bedienoberflächen mit
Leben zu versorgen. Die Erfahrungen beruhten darauf, Objekte über
einen Standarddialog mit Variablen zu verbinden und auf diese
Weise zu dynamisieren. Diese Vorgehensweise brachte aber Ergebnisse,
die in den Punkten Performance, Handhabung und Funktionalität
einige Schwächen aufwiesen.
Wir erzielten Bildwechselzeiten, die im
Vergleich zu OS265 Systemen keine Verbesserung brachten, wie sie
der Anwender bei einem neuen System eigentlich erwarten dürfte.
Im Gegenteil verging bei einigen Oberflächen mit hoher Variablenzahl
eine deutlich längere Zeit bis sämtliche Variablen angezeigt
werden, als bei vergleichbaren OS265 Bildern.
Einen weiteren Nachteil stellte die Methode
dar, komplexe Faceplates und Oberflächenelemente zu erstellen.
Es besteht die Möglichkeit, entweder vorhandene Standard-
Elemente zu verwenden, oder selbsterstellte Graphikelemente zu
Gruppen zusammenzufassen und mit Funktionen und Bedienungsmöglichkeiten
zu versehen. Die erste Möglichkeit erschien uns nicht flexibel
genug, und die selbsterstellten Graphikelemente konnten die gewünschten
Funktionen nicht erfüllen. Wir suchten nach Elementen, die
flexibel programmiert werden können und genug Intelligenz
besitzen, um geforderte Standards zu erfüllen und gewünschte
Funktionalitäten umsetzen können.
Objektorientiert mit ActiveX
Wir setzten das IndustrialX Paket von WinCC
ein und nahmen die ActiveX- Technik als Basis für sämtliche
Dynamisierungen. Erste Versuche zeigten, dass die erzielbaren
Bildaufbauzeiten durch den Einsatz von ActiveX- Objekten deutlich
verringert werden konnten.
Es existiert durch Ausnutzung dieser Technik
nicht mehr ein grosses Programm, das sämtliche Variablen
in einem Bild mit Leben versorgt und die Aktualisierung durchführt,
sondern es entsteht eine Kommunikation, die mit einer Client-Server
Struktur vergleichbar ist. Dieser Vergleich ist auf die grobe
Struktur, nicht auf die tiefergehenden Schichten zu verstehen.
Viele kleine „lebendige“ und intelligente ActiveX-
Objekte fordern Daten von der durch WinCC zur Verfügung gestellten
Schnittstelle an, und wandeln diese Informationen selbständig
um. Der Vorteil liegt in der verteilten Intelligenz und die darin
enthaltenen Möglichkeiten, auch komplexe Funktionen zu realisieren.
ActiveX Objekte projektieren
Der Aufwand für die Programmierung
der Objekte ist deutlich höher als mit vergleichbaren Standardverknüpfungen
unter WinCC. Besonders die ersten Schritte stellen eine Menge
Entwicklungsarbeit dar und erfordern viel Engagement. Die ActiveX
Objekte werden in Visual Basic erstellt und der Entwickler benötigt
für einfache Anwendungen keine tiefgreifenden Expertenkenntnisse.
Um aber sämtliche gewünschten Funktionen umzusetzen
und in die einzelnen ActiveX Objekte zu implementieren müssen
doch einige Hürden überwunden werden, die für Standard
Entwicklungen unter Visual Basic nicht auftreten.
Es kostete uns mindestens einen Monat Entwicklungsarbeit,
bis die Kenntnisse erarbeitet waren um die Grundelemente, die
unseren Vorstellungen entsprachen, erstellen zu können. Nach
dieser geleisteten Arbeit kam der grosse Vorteil der ActiveX-
Technik zum tragen. Sämtliche Wünsche, die vom Kunden
gefordert wurden (Erscheinungsbild, Bedienungsmöglichkeien,
etc.), konnten umgesetzt werden. Es gab keinen Punkt an dem wir
sagen mussten: das können wir nicht realisieren, immer im
Hinblick auf die zu investierende Zeit. Diese Technik bietet im
Bereich Flexibilität und Gestaltungsmöglichkeiten sämtliche
Freiheiten der Windows- Betriebssystemumgebung.
Als die ersten Objekte fertiggestellt waren,
konnten die weiteren relativ zügig abgeleitet und entwickelt
werden. Schlussfolgerung: viel Erstentwicklungsarbeit, geringere
Folgeleistungen und –kosten.
Wir erstellten für jeden zu dynamisierenden Bausteintyp ein
eigenes ActiveX- Element und ein Faceplate für die Bedienung,
ebenfalls in ActiveX- Technik. Ein Reglerbaustein wird in der
Oberfläche mit jeweils einem Digitalwert für den Sollwert
und den Istwert dargestellt. Das Faceplate, dass die weiteren
Elemente und Bedienungsmöglichkeiten anbietet, ist automatisch
hinterlegt und wird im Onlinemodus durch anklicken mit der Maus
aufgerufen. Auf diese Weise wurden sämtliche Bausteine realisiert,
die visualisiert und bedient werden mussten. Das bedeutet ein
ActiveX für ein Ventil, eine Pumpe, eine Messung, einen Regler,
etc., sowie jeweils ein ActiveX- Faceplate zur Bedienung.
Projektierungsphase
Die Projektierung des weiteren Mengengerüstes
gestaltet sich, nachdem die ActiveX- Objekte erstellt und im System
installiert sind, als sehr komfortabel und schnell:
Um eine Messstelle mit einer Variabelen
zu verbinden, muss nur einmal das Grundelement, z.B. der Digitalwert
in das betreffende Bild kopiert werden und in die Eigenschaft
„Tagname“ der Variabelenname eingetragen werden. Das
ist alles, damit diese Messstelle vollständig verbunden und
aktiv ist. Folgende Punkte sind danach ausgeführt:
-
Die Anzeige in der Bedienoberfläche ist mit Leben gefüllt
-
Durch berühren mit der Maus im Onlinemodus wird der Tagname
als Hilfetext angezeigt (Als Sicherheit, ob auch die richtige
Messstelle hinterlegt ist)
-
Durch anklicken mit Hilfe der Maus wird automatisch das zugehörige
Faceplate aufgerufen und dargestellt.
-
Das Faceplate ist automatisch mit der richtigen Messstelle verbunden.
(Der Messstellenname wird im Fenster angezeigt)
-
Sämtliche Alarmierungen und Warnungen sind automatisch mit
der Messstelle und dem Faceplate verbunden und werden angezeigt.
Durch diese Automatisierung der Projektierungsabläufe kann
zum einen Zeit und damit auch Geld gespart werden, zum anderen
aber auch eine viel geringere Fehleranzahl erreicht werden. Die
Messstelle muß nur einmal projektiert werden und während
der Inbetriebnahme muß sie nur mit der Maus berührt
werden um festzustellen, ob der korrekte Tagname vergeben wurde.
Teleperm M und PCS7: eine Darstellungsart
Um das System Zukunftsweisend und Investitionssichernd
aufzubauen, ist es notwendig die eingesetzten ActiveX Objekte
auch in den PCS7 gesteuerten Anlagen identisch zu gestalten. Die
Flexibilität der ActiveX Technik erlaubt es uns sämtliche
Elemente von der Teleperm- Struktur auf die PCS7 Struktur zu übertragen.
Für den Kunden besteht die Möglichkeit seine Steuerungssysteme,
AS488 oder PCS7, unabhängig von der Visualisierung zu wählen.
Er muß nur auf geforderten Eigenschaften wie Ausfallsicherheit,
Schnelligkeit oder Flexibilität Rücksicht nehmen und
kann sich danach entscheiden.
Die Bedienung und die Oberflächen
sind in allen Anlagenteilen gleich gestaltet und gestatten dem
Kunden sein Bedienpersonal unabhängig von der unterlagerten
Steuerung einzusetzen und zu tauschen. Eine Schulung der Operator
für zwei Systeme entfällt.
Schlußfolgerung
Die ActiveX Technologie bietet dem engagierten
Entwickler und Programmierer neue Möglichkeiten, die weit
über die reine Visualisierung hinaus gehen. Die Intranet-
und Internetweite Verbreitung von Informationen mit Hilfe dieser
Technik ist aufgrund der COM/ DCOM- basierenden Struktur möglich.
Die Freude des Entwicklers über die
neuen fast unbegrenzten Einsatzgebiete wird einzig durch die Probleme
gebremst, die WinCC TM/ OS z.Z. noch im Bereich Performance, Ausfallsicherheit
und Netzwerkaufbau aufweist.
Wirtschaftlich betrachtet bedeutet der
hohe Aufwand, um erste Erfolge im Bereich ActiveX zu erzielen
einen weiteren Nachteil gegenüber einfacher projektierbaren
Systemen, die z.B. die Standard Funktionen und Bedienungen der
OS-Systeme übernehmen und auf Windows NT portieren.
Für größere Installationen
wird der erhöhte Entwicklungsaufwand zum Teil durch die unkomplizierte
Verknüpfung der Varbiablen mit den Faceplates der ActiveX
Technik wieder Kompensiert.
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